Inhaltsübersicht
Mit der Neufassung des Gewaltschutzgesetzes (GewSchG) reagiert der Gesetzgeber auf die zunehmenden Fälle von psychischer, physischer und sexualisierter Gewalt in Institutionen – insbesondere auch in Pflegeeinrichtungen, Frauenhäusern, Kinderheimen und Unterkünften für Geflüchtete.
Für soziale Einrichtungen bedeutet das: Mehr Verantwortung, klare Pflichten – aber auch neue Schutzmöglichkeiten.
📚 Hintergrund: Was regelt das Gewaltschutzgesetz?
Das Gewaltschutzgesetz (GewSchG) ist seit 2002 in Kraft und schützt Menschen, die Opfer von Gewalt, Nachstellung oder Bedrohung werden – vorrangig im privaten Kontext. Die Neufassung 2024/2025 weitet diesen Schutz explizit auf institutionelle Kontexte aus, insbesondere:
Einrichtungen der stationären und teilstationären Pflege
Wohn- und Betreuungseinrichtungen für Menschen mit Behinderung
Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe
Einrichtungen der Obdachlosen-, Geflüchteten- und Suchthilfe
🆕 Was ändert sich konkret im neuen Gewaltschutzgesetz?
✅ 1. Institutioneller Schutzauftrag
Soziale Einrichtungen gelten nun explizit als verantwortliche Schutzräume. Sie müssen sicherstellen, dass Bewohner:innen, Klient:innen und Mitarbeitende nicht Opfer von Gewalt durch Dritte oder interne Strukturen werden.
✅ 2. Verpflichtung zu Schutzkonzepten
Alle Einrichtungen sind gesetzlich verpflichtet, präventive, dokumentierte Schutzkonzepte zu entwickeln und regelmäßig zu aktualisieren. Dazu gehören u. a.:
Risikoanalysen
Maßnahmen zur Prävention
Notfallpläne
Fortbildungen für Fachkräfte
✅ 3. Erweiterte Meldepflichten
Bei Verdacht auf Gewalt oder strukturelle Risiken besteht Meldepflicht an Aufsichtsbehörden oder Träger – auch anonym möglich.
✅ 4. Stärkung der Betroffenenrechte
Bewohner:innen und Nutzer:innen sozialer Angebote erhalten:
Besseren Zugang zu Beschwerdemechanismen
Recht auf unverzügliche Schutzmaßnahmen
Anspruch auf Information über ihre Rechte
✅ 5. Rechtssicherheit für Fachkräfte
Fachkräfte, die Gewalt melden oder Maßnahmen einleiten, erhalten stärkeren Kündigungsschutz und sind vor dienstrechtlichen Nachteilen geschützt.
🧠 Bedeutung für soziale Einrichtungen – was jetzt zählt
Bereich | Was sich konkret ändert |
---|---|
📋 Schutzkonzepte | Gesetzlich vorgeschrieben, regelmäßig zu prüfen & zu dokumentieren |
👨🏫 Mitarbeiterschulung | Pflicht zu Fortbildungen in Deeskalation, Umgang mit Gewalt |
🧑⚖️ Rechtliche Verantwortung | Träger haften bei Vernachlässigung der Schutzpflicht |
📞 Interne Beschwerdewege | Müssen niedrigschwellig, anonym & für alle verständlich sein |
🔍 Dokumentation | Jeder Vorfall muss strukturiert erfasst & archiviert werden |
Ein effektives Schutzkonzept enthält folgende Bausteine:
Modul | Inhalt |
---|---|
🔎 Risikoanalyse | Wo gibt es strukturelle, räumliche oder personelle Gewaltpotenziale? |
📚 Verhaltenskodex | Regeln für respektvollen, gewaltfreien Umgang im Alltag |
🗣️ Interne Ansprechpersonen | Schulung & Benennung fester Vertrauenspersonen |
🚨 Notfall- & Interventionsplan | Vorgehen bei akuter Gefährdung oder Meldung von Gewalt |
🧑🏫 Schulungskonzept | Regelmäßige Weiterbildung aller Mitarbeitenden |
📞 Beschwerdesystem | Anonyme Wege für Hinweise – auch digital möglich |
Situation: Eine Bewohnerin eines Wohnheims berichtet, von einem Mitbewohner sexuell bedrängt worden zu sein.
Altes Vorgehen:
Internes Gespräch mit dem Täter
Keine externe Meldung
Keine schriftliche Dokumentation
Neues Vorgehen gemäß GewSchG 2025:
Sofortige Sicherstellung der räumlichen Trennung
Dokumentation des Vorfalls inkl. Datum, Uhrzeit, Beteiligte
Meldung an Heimaufsicht
Einleitung von Schutzmaßnahmen
Gesprächsangebot an die Betroffene mit externem Beistand
🧠 Fazit: Die Transparenz und Nachvollziehbarkeit ist gesetzlich vorgeschrieben – Nichtreaktion kann straf- und haftungsrechtlich relevant werden.
✅ Checkliste: Was soziale Einrichtungen jetzt tun sollten
Handlungsschritt | Pflicht? | Frist (laut Gesetz) |
---|---|---|
📄 Schutzkonzept entwickeln oder aktualisieren | ✅ Ja | Innerhalb von 6 Monaten |
🧠 Mitarbeitende schulen (Gewaltschutz & Interventionspläne) | ✅ Ja | Jährlich |
🧾 Interne Dokumentationsstandards festlegen | ✅ Ja | Sofort |
📞 Beschwerdemechanismus bereitstellen | ✅ Ja | Innerhalb von 3 Monaten |
🧑⚖️ Zuständigkeiten intern klären | ✅ Ja | Innerhalb von 2 Monaten |
🔄 Evaluation planen | 🔄 empfohlen | Jährlich |
Gilt das Gesetz nur für stationäre Einrichtungen?
➡️ Nein, auch teilstationäre und ambulant betreute Wohnformen sind einbezogen.
Müssen kleine Einrichtungen auch ein Schutzkonzept haben?
➡️ Ja. Der Umfang kann an die Größe angepasst sein, aber ein schriftliches Konzept ist Pflicht.
Was passiert bei Nicht-Einhaltung?
➡️ Es drohen aufsichtsrechtliche Maßnahmen, bis hin zu Geldbußen oder Betriebseinschränkungen.
Dürfen Klient:innen das Schutzkonzept einsehen?
➡️ Ja. Es muss in verständlicher Sprache öffentlich zugänglich sein – z. B. im Eingangsbereich oder digital.
Was ist bei Verdachtsfällen zu tun?
➡️ Sofortige Schutzmaßnahmen einleiten, dokumentieren und zuständige Behörden informieren – auch ohne Beweislast.
🧠 Das neue Gewaltschutzgesetz verpflichtet – aber es schützt auch. 🛡️👥📘
Mit dem neuen Gewaltschutzgesetz wird klar: Gewaltprävention ist keine freiwillige Aufgabe mehr, sondern gesetzlicher Auftrag. Soziale Einrichtungen müssen ihre Strukturen hinterfragen, Schutzmechanismen implementieren und kontinuierlich weiterentwickeln.
Doch das Gesetz bietet auch Chancen:
🧠 Rechtssicherheit für Mitarbeitende
🔐 Schutzräume, die ihren Namen verdienen
📣 Stärkung der Rechte von Betroffenen
📊 Transparenz und Qualitätssteigerung im Hilfesystem
Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, proaktiv zu handeln – statt später reagieren zu müssen.