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Künstliche Intelligenz (KI) und speziell Sprachmodelle wie ChatGPT werden zunehmend auch im sozialpädagogischen Bereich diskutiert und erprobt. Sie gelten als unterstützende Tools für Reflexion, Gesprächsvorbereitung oder organisatorische Aufgaben. Doch mit ihrer Anwendung gehen ethische, datenschutzrechtliche und fachliche Risiken einher, die bislang noch wenig systematisch reflektiert wurden.
🤖 Was kann ChatGPT – und was nicht?
ChatGPT ist ein generatives KI-Modell, das auf Basis großer Textmengen Antworten, Ideen, Analysen und sogar psychologisch wirkende Gesprächsvorschläge generieren kann. Es kann z. B.:
Gesprächsleitfäden erstellen
Texte vereinfachen
Begriffe erklären
Rollen oder Perspektiven simulieren
Was ChatGPT nicht kann:
Echtes Verständnis von Kontext, Trauma, Beziehung
Persönlichkeitsstruktur oder nonverbale Dynamik erfassen
Verantwortlich oder haftbar handeln
Emotionale Sicherheit garantieren
⚠️ Hauptsächliche Risiken beim Einsatz von KI in der Sozialarbeit
Risikobereich | Beschreibung / Gefahr |
---|---|
🔐 Datenschutz | Verarbeitung sensibler Klient:innendaten auf fremden Servern |
🧠 Fehlinterpretation | Inhalte wirken plausibel, können aber faktisch falsch sein |
⚖️ Verantwortungsdiffusion | Fachliche Verantwortung wird unreflektiert auf „die KI“ abgewälzt |
🤖 Automatisierung der Beziehung | Gefährdung der Beziehungsqualität durch Verlagerung auf technische Ebenen |
🗂️ Blackbox-Problematik | Intransparente Datenquellen und Entscheidungslogik der KI |
🧑⚖️ Rechtliche Unsicherheit | Unklare Haftungsfragen bei Beratung, Empfehlung oder Fehlinterpretation |
Situation: Eine Fachkraft nutzt ChatGPT, um einen Gesprächsleitfaden für ein Kind mit Traumaerfahrung zu entwickeln. Die Formulierungen klingen stimmig – führen aber im Gespräch zur Retraumatisierung, da bestimmte Triggerwörter nicht erkannt wurden.
Problem:
Die KI generierte ohne spezifische Kontextkenntnis eine scheinbar professionelle Struktur, ohne tatsächliche fachliche Tiefe oder traumapädagogische Expertise.
🧠 Ethische Fragen: Wo sind die Grenzen?
Die Soziale Arbeit basiert auf:
Beziehung & Empathie
Professionsethik
Menschenwürde & Schutz vulnerabler Gruppen
Verantwortung & persönlicher Reflexion
KI-gestützte Systeme sind keine moralischen Subjekte – sie können keine ethische Verantwortung übernehmen.
🧭 Kritische Reflexionsfragen:
Wem nützt der Einsatz von KI – Klient:in oder Organisation?
Wessen Perspektive wird durch Algorithmen reproduziert – wer bleibt außen vor?
Wie kann ich verhindern, dass mein pädagogischer Blick durch maschinelle Muster ersetzt wird?
⚖️ Rechtliche Rahmenbedingungen
Thema | Was zu beachten ist |
---|---|
📜 DSGVO | Keine personenbezogenen Daten in Cloud-basierte KI-Systeme eingeben |
🧑⚖️ Verantwortlichkeit | Fachkraft bleibt für Folgen verantwortlich – auch bei KI-Unterstützung |
📑 Dokumentation | Einsatz von KI muss ggf. im Hilfeplan oder im QM-System offengelegt werden |
📡 Serverstandorte | KI-Tools mit Sitz außerhalb der EU unterliegen nicht EU-Recht |
📌 Tipp: Nutze KI ausschließlich mit anonymisierten Daten und nie zur direkten Beratung vulnerabler Personen!
✅ Empfehlungen für den verantwortungsvollen Einsatz
Maßnahme | Nutzen / Schutzfunktion |
---|---|
🔒 Anonymisierung aller Daten | Kein Rückschluss auf Klient:innen möglich |
📄 Nutzung nur für Meta-Themen | Z. B. zur Reflexion, Ideensammlung oder methodischen Vorbereitung |
👥 Einsatz im Team reflektieren | Vier-Augen-Prinzip bei sensiblen Inhalten |
🧠 Schulung zu KI & Ethik | Sensibilisierung für Chancen und Risiken |
🛡️ Keine Anwendung bei Akutfällen | Bei Krisen & psychischer Instabilität niemals KI verwenden |
🧭 Dokumentierte Einsatzkriterien | Wann, wie, wofür darf KI im Arbeitsfeld genutzt werden? |
Frage | Ja / Nein |
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Verwende ich ausschließlich anonymisierte Informationen? | |
Nutze ich KI nur zur internen Vorbereitung, nicht zur Beratung? | |
Kenne ich die rechtlichen Rahmenbedingungen (DSGVO etc.)? | |
Habe ich mich mit ethischen Implikationen auseinandergesetzt? | |
Kann ich alle Inhalte selbst fachlich verantworten? | |
Dokumentiere ich meinen KI-Einsatz im Kontext von Klientenarbeit? |
Darf ich ChatGPT für Hilfepläne nutzen?
➡️ Ja, aber nur zur Strukturierung, nicht mit personenbezogenen Informationen.
Kann ich ChatGPT für Supervision oder Fallreflexion verwenden?
➡️ Ja – wenn anonymisiert und als ergänzendes Werkzeug, nicht als Ersatz für Kolleg:innen oder Supervisor:innen.
Ist ChatGPT ein Risiko bei Jugendlichen oder vulnerablen Gruppen?
➡️ Ja – insbesondere bei psychischer Instabilität, da es keine Krisensensitivität besitzt.
Gibt es datenschutzkonforme Alternativen?
➡️ Ja – einige KI-Systeme mit On-Premise-Lösungen oder DSGVO-konformer Infrastruktur werden derzeit erprobt.
🧠 KI kann helfen – aber nicht denken, fühlen oder verantworten 🧍♂️🤖
Der Einsatz von ChatGPT und ähnlichen KI-Systemen kann unterstützend wirken, z. B. bei Reflexion, Struktur oder Weiterbildung. Aber:
Soziale Arbeit lebt von Beziehung, Intuition und Verantwortung – keine KI kann das ersetzen.
Deshalb gilt:
🔒 Sicherheit vor Schnelligkeit
🤝 Reflexion vor Automatisierung
⚖️ Verantwortung vor Effizienz
Nur wenn diese Grundsätze eingehalten werden, kann KI ein Werkzeug werden – und kein Risiko.