👧 Die Rolle der Sozialen Arbeit bei der Prävention sexualisierter Gewalt gegen Mädchen

Sexualisierte Gewalt gegen Mädchen ist ein gravierendes gesellschaftliches Problem – mit tiefgreifenden körperlichen, psychischen und sozialen Folgen. Laut Dunkelfeldstudien erlebt jedes vierte Mädchen in Deutschland bis zum 18. Lebensjahr eine Form sexualisierter Gewalt. Die Soziale Arbeit spielt hierbei eine Schlüsselrolle in der Prävention, Früherkennung und Intervention.

„Prävention beginnt nicht beim Verdacht – sie beginnt beim Vertrauen.“
Sozialarbeiter:innen begegnen Mädchen in Schulen, Wohngruppen, Jugendzentren und Familien – sie sind oft erste Ansprechpersonen und Vertrauenspersonen.

📍 Warum sind Mädchen besonders gefährdet?

Mädchen gelten als besonders gefährdet für sexualisierte Gewalt – sowohl im familiären als auch im institutionellen oder öffentlichen Kontext.

Gründe dafür sind unter anderem:

  • 👧 Geschlechterrollen und Machtverhältnisse

  • 🤐 Tabuisierung weiblicher Sexualität und Körper

  • 🧍 höhere emotionale Abhängigkeit von Bezugspersonen

  • 🧒 Frühe Übernahme von „Verantwortung“ (z. B. in Familien mit Care-Aufgaben)

  • 🕊️ Sozialisierung zu Gehorsam und Anpassung

📌 Prävention muss diese strukturellen und geschlechterspezifischen Faktoren mitdenken – und entsprechend handeln.

🧠 Die 3 zentralen Präventionsfelder der Sozialen Arbeit

1. 🛡️ Primärprävention

Ziel: Gewalt verhindern, bevor sie entsteht.

  • Aufklärungsarbeit zu Grenzen, Körperwissen und Rechten

  • Selbstbehauptungsangebote für Mädchen

  • Förderung von Schutzfaktoren: Selbstwert, Sprache, Resilienz

  • Arbeit mit Jungen zur Reflexion von Männlichkeitsbildern

2. 👂 Sekundärprävention

Ziel: Risiken früh erkennen, intervenieren.

  • Sensibilisierung für subtile Warnsignale (z. B. Rückzug, Selbstverletzung)

  • Aufbau von Vertrauen durch Beziehungsarbeit

  • Partizipative Schutzkonzepte mit Kindern und Jugendlichen

  • Vertrauliche Gesprächsangebote & niederschwellige Anlaufstellen

3. ⚖️ Tertiärprävention

Ziel: Nach Missbrauch stabilisieren und schützen.

  • Trauma-sensible Begleitung

  • Sicherung der Lebensumwelt (z. B. Wechsel Wohngruppe, Schule, Familie)

  • Zusammenarbeit mit Therapeut:innen, Polizei, Jugendamt

  • Aufarbeitung mit und für das Mädchen – empowernd, nicht retraumatisierend

🛠️ Wirkungsvolle Ansätze & Methoden in der Prävention

Methode / AnsatzWirkung für Mädchen
🧍 SelbstbehauptungskurseStärkung von Körperwahrnehmung, Sprache & Nein-Sagen
📚 Workshops mit Leichter SpracheZugang auch für Mädchen mit Behinderung oder Trauma
👭 Peer-to-Peer-AngeboteVertrauensvolle Räume durch gleichaltrige Gruppenarbeit
🎨 Kreative MedienarbeitAusdruck innerer Themen durch Theater, Kunst, Musik
📞 Vertrauliche KontaktangeboteKlar definierte Schutzräume mit professionellen Ansprechpartner:innen
Gesetz / VorschriftBedeutung im Kinderschutz
📜 § 8a SGB VIIISchutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung
🧩 § 45 SGB VIIIBetriebserlaubnis nur mit Schutzkonzept
🧑‍⚖️ BundeskinderschutzgesetzKooperationspflicht mit Fachstellen, Kinderschutzvernetzung
📘 UN-Kinderrechtskonvention (Art. 19)Schutz vor Gewalt, Recht auf Beteiligung & Information
🤝 Istanbul-KonventionVerpflichtet zur Gewaltprävention gegen Frauen & Mädchen

📌 Fachkräfte der Sozialen Arbeit sind gesetzlich verpflichtet, bei Verdachtsmomenten zu handeln und aktiv Schutz zu gewährleisten.

👩‍🏫 Herausforderungen in der Praxis

  • ❌ Mangel an traumasensibler Fortbildung

  • ❌ Überlastung durch chronisch unterfinanzierte Strukturen

  • ❌ Fehlende Kinderschutzkonzepte in freien Trägern

  • ❌ Scham & Sprachlosigkeit bei Mädchen in Abhängigkeitsverhältnissen

  • ❌ Keine einheitlichen Standards für Aufarbeitung & Nachsorge

Doch genau hier ist professionelle Soziale Arbeit gefragt.

✅ Was Fachkräfte konkret tun können

HandlungsfeldPraxisbeispiel
🧠 WissenTeilnahme an Fortbildungen zu sexualisierter Gewalt
🧍 HaltungEigene Vorurteile reflektieren & Betroffenen glauben
🗣️ SpracheNicht bagatellisieren – sondern klar benennen
🧑‍🏫 PräventionWorkshops & Infoangebote regelmäßig in Gruppenalltag integrieren
🤝 KooperationKontakte zu Fachstellen aufbauen, Netzwerkpflege betreiben
📋 SchutzstrukturEigene Einrichtung mit Schutzkonzept & Meldeketten ausstatten
FrageJa / Nein
Gibt es Angebote zur Selbststärkung speziell für Mädchen?
Ist sexualisierte Gewalt explizit im Schutzkonzept erwähnt – auch geschlechtsspezifisch?
Werden Mädchen aktiv in Präventionsformate einbezogen?
Kennt das Team die Istanbul-Konvention & § 8a-Verfahren?
Gibt es vertrauliche Ansprechpartner:innen im Haus (geschlechtssensibel)?

„Jedes Mädchen hat das Recht auf Schutz, Respekt und eine starke Stimme.“

Die Soziale Arbeit trägt aktiv dazu bei, Mädchen…

  • 🧠 Wissen über ihre Rechte zu vermitteln

  • 💪 in ihrer Selbstwirksamkeit zu stärken

  • 👂 Räume des Vertrauens zu eröffnen

  • ⚖️ durch gesetzlich fundierte Strukturen nachhaltig zu schützen

Prävention gelingt dann, wenn sie nicht nur informativ, sondern empowernd ist.

Matthias Böhm
Matthias Böhm
Matthias engagiert sich in der sozialen Integration, unterstützt Menschen in schwierigen Situationen und fördert das Verständnis zwischen verschiedenen sozialen Gruppen. Sein Ansatz ist einfühlsam und zielgerichtet, wobei er besonders darauf achtet, Menschen zu motivieren und ihre Stärken zu fördern.

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