Inhaltsübersicht
Kinder und Jugendliche in stationären Wohneinrichtungen leben oft in vulnerablen Lebenssituationen. Sie sind auf verlässliche Strukturen, Sicherheit und klare Orientierung angewiesen – besonders im Hinblick auf sexualisierte Gewalt. Dabei sind altersgerechte, kontinuierliche Präventionsangebote zentral:
Nur wer seine Rechte kennt, kann sie einfordern. Nur wer weiß, wie Gewalt aussieht, kann sie benennen.
Präventionsarbeit ist aktiver Kinderschutz. Sie beginnt nicht erst beim Verdacht, sondern ist strukturell verankert im Alltag der Einrichtung – durch Information, Sensibilisierung und Empowerment.
📌 Was bedeutet Prävention in Wohneinrichtungen?
Prävention bedeutet mehr als nur Vermeidung: Sie schafft bewusste Schutzräume, in denen Kinder lernen:
👂 ihre Gefühle ernst zu nehmen
💬 über Unsicherheit, Angst oder Gewalt zu sprechen
🛑 Grenzen wahrzunehmen und zu setzen
🧭 Hilfswege zu kennen und zu nutzen
Präventionsangebote sind keine Einzelveranstaltungen, sondern ein dauerhaftes pädagogisches Prinzip.
⚖️ Gesetzliche Grundlagen & Qualitätsvorgaben
Vorschrift / Gesetz | Bedeutung für Präventionsarbeit |
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📜 UN-Kinderrechtskonvention (Art. 19) | Schutz vor Gewalt, Zugang zu Informationen |
🛡️ § 8a SGB VIII | Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung |
🧑⚖️ § 45 SGB VIII | Verpflichtung zur Erstellung eines Schutzkonzepts |
📄 Bundeskinderschutzgesetz | Stärkung institutioneller Prävention |
📘 Empfehlungen der DGfPI, DJI, Kinderschutzverbände | Inhaltliche & methodische Standards für Präventionsangebote |
1. 🧒 Altersgerechte Aufklärung
Informationen zu:
Körper, Gefühle, gute/schlechte Berührungen
eigene Grenzen und die der anderen
Nein-Sagen und Hilfeholen
Vertrauen und Geheimnisse
Ziel: Kinder sollen Begriffe und Sprache entwickeln, um über Grenzverletzungen zu sprechen.
2. 🗣️ Regelmäßige thematische Angebote
📅 Projekttage & Präventionswochen
🎭 Theaterstücke, Rollenspiele, Workshops
📚 Bilderbücher, Comics, Videos zum Thema „Mein Körper gehört mir“
🧩 Interaktive Methoden mit Bewegung, Kreativität und Diskussion
➡️ Wiederholung und Vielfalt schaffen Verankerung und Vertrauen.
3. 🧠 Stärkung des Selbstwertgefühls & der sozialen Kompetenzen
📌 Empathie, Konfliktlösung & Selbstbehauptung
🧍 Körperwahrnehmung und Selbstwirksamkeit
💬 Übungen zu „Ich-Botschaften“ und Grenzen setzen
Empowerment ist nicht laut – es ist bewusst.
4. 📞 Vermittlung von Hilfewegen & Beschwerdemöglichkeiten
Kinder müssen wissen:
Wo kann ich mich hinwenden, wenn etwas nicht stimmt?
Wer hört mir zu?
Was passiert mit meiner Aussage?
Was passiert nicht (z. B. Zwang, Strafe, Bloßstellung)?
🔐 Vertrauenspersonen, externe Beschwerdestellen und anonymisierte Wege sind essenziell.
🧑🏫 Praxisbeispiel: Prävention im Alltag verankern
Einrichtung: Mädchenwohngruppe mit 10 Bewohnerinnen zwischen 12 und 17 Jahren
Maßnahmen:
Monatliche „Sichere-Räume-Runde“ mit freiwilliger Teilnahme
Interaktives Material (z. B. Schutzengel-Spiel, Gefühle-Memory)
Kooperation mit Präventionsbeauftragten einer Fachberatungsstelle
Gestaltung eines Empowerment-Wandplakats durch die Jugendlichen selbst
Einführung eines anonymen Mail-Postfachs für Beschwerden
📈 Ergebnis:
Die Mädchen nahmen Angebote zunehmend an, meldeten Unsicherheiten früher und entwickelten mehr Vertrauen in die Einrichtung.
🔄 Prävention als Bestandteil des Schutzkonzepts
Präventionsarbeit darf nicht losgelöst vom institutionellen Gesamtschutzkonzept erfolgen. Vielmehr ist sie dessen pädagogisches Herzstück:
Element im Schutzkonzept | Bezug zur Prävention |
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📋 Leitbild | Haltung zu Offenheit, Schutz & Beteiligung |
🧾 Verhaltenskodex | Verbindliche Regeln für Nähe & Kommunikation |
🛠️ Fortbildungskonzept | Sensibilisierung des Teams |
📞 Beschwerdestrukturen | Wege für Kinder zur Artikulation |
🚨 Interventionsplan | Schutzmechanismen im Ernstfall |
📌 Prävention schützt nicht allein – aber ohne Prävention gibt es keinen echten Schutz.
📋 Checkliste: Wie präventiv ist meine Einrichtung?
Frage | Ja / Nein |
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Gibt es regelmäßige, altersgerechte Präventionsangebote? | |
Wurden externe Fachstellen einbezogen (z. B. DGfPI, Wildwasser, Zartbitter)? | |
Sind Kinder und Jugendliche aktiv in Planung und Reflexion eingebunden? | |
Kennen die Kinder ihre Rechte, Grenzen und Hilfewege? | |
Ist Prävention im Schutzkonzept verankert und dokumentiert? |
„Wer weiß, was richtig ist, erkennt leichter, was falsch läuft.“
Deshalb ist Prävention in Wohneinrichtungen kein „Extra“, sondern ein Muss – ein Werkzeug zur Selbstermächtigung und zur Stärkung sozialer Sicherheit.
Kindgerechte, kreative und wiederkehrende Angebote sind der Schlüssel für:
🧠 Wissen
💪 Selbstbewusstsein
👂 Vertrauen
🔄 Handlungskompetenz
Prävention schützt dann am besten, wenn sie mit Kindern – nicht nur für sie – gemacht wird.