Wenn jedes Wort zählt – und Übersetzung mehr ist als Sprache 🎧
In Asylunterkünften ist Sprache oft das erste Hindernis – und zugleich der Schlüssel zu Sicherheit, Teilhabe und Hilfe. Ob bei Erstgesprächen, Arztterminen, Behördenkontakten oder psychosozialer Beratung: Dolmetschende ermöglichen Kommunikation dort, wo sie sonst scheitern würde. Sie sind Brückenbauer:innen zwischen Welten, oft auch kulturelle Vermittler:innen und Vertrauenspersonen. Doch diese wichtige Rolle ist komplex: Nicht alle Dolmetschenden sind professionell geschult, emotionale Belastung ist hoch – und manchmal geraten sie in Loyalitätskonflikte. Umso wichtiger ist es, ihre Rolle klar zu verstehen, ihre Bedeutung zu würdigen – und ihre Grenzen zu kennen.
Warum Dolmetschende eine Schlüsselrolle in Asylunterkünften einnehmen ✅
Funktion | Wirkung auf Geflüchtete und Fachkräfte |
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Sprachliche Vermittlung | Zugang zu Informationen, Beratung, Unterstützung wird möglich |
Kulturelle Orientierung | Erklärung von Abläufen, Werten, Missverständnissen |
Vertrauensaufbau | Persönlicher Zugang, Verständnis für Herkunft und Situation |
Unterstützung bei Konfliktklärung | Deeskalation, Vermittlung bei Gruppen- oder Familienkonflikten |
Begleitung zu Terminen | Sicherheit, Verständnis, Erleichterung in bürokratischen Prozessen |
💡 Ohne Dolmetschende wären viele Gespräche in der Asylarbeit nicht möglich oder nicht zielführend – ihre Arbeit macht Kommunikation erst zugänglich.
Dolmetschen ist mehr als Übersetzen – aber keine Beratung 🧠🗣️
Oft werden Dolmetschende in Rollen gedrängt, die über ihre eigentliche Aufgabe hinausgehen. Gerade in der Asylarbeit kommt es regelmäßig zu Rollenkonflikten, etwa wenn Dolmetschende Erwartungen erfüllen sollen, die eher in den Bereich Sozialarbeit oder psychologische Betreuung gehören.
Verwechslung | Risiko für alle Beteiligten |
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Dolmetschende als Berater:innen | Fachgrenzen verschwimmen, Verantwortung wird unklar |
Dolmetschende als Vertraute oder Partei | Objektivität kann verloren gehen, Klient:in fühlt sich nicht sicher |
Dolmetschende als Sprachfilter | Inhalte werden unbewusst gefärbt, verkürzt oder verändert |
Dolmetschende als „Sprachrohr des Systems“ | Misstrauen bei Bewohner:innen gegenüber Institutionen |
💡 Professionelles Dolmetschen ist neutral, vollständig und transparent – persönliche Meinungen oder Ratschläge gehören nicht dazu.
Herausforderungen in der Praxis – zwischen Anspruch und Realität ⚠️
Die Arbeit von Dolmetschenden in Asylunterkünften ist anspruchsvoll – oft ohne angemessene Vorbereitung oder Begleitung. Besonders in informellen Settings (z. B. Nachbar:innen oder andere Bewohner:innen) entstehen zusätzliche Risiken.
Herausforderung | Mögliche Folge |
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Keine Ausbildung oder fehlende Schulung | Missverständnisse, unvollständige Übersetzungen |
Eigene emotionale Belastung | Überidentifikation, Abwehr, Überforderung |
Nähe zur Community / fehlende Distanz | Vertrauensverlust, Angst vor Indiskretion |
Fehlen von Fachvokabular | Fehler bei medizinischen oder rechtlichen Begriffen |
Keine Aufklärung über Schweigepflicht | Unsicherheit bei Klient:innen, Risiko für Datenschutzverletzungen |
💡 Gerade bei sensiblen Themen wie Gewalt, Traumatisierung oder Asylverfahren ist professionelle Sprachmittlung unerlässlich.
Gute Dolmetschpraxis – was es braucht, damit Kommunikation gelingt 🧩
Qualitätsmerkmal | Warum es wichtig ist |
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Dolmetschende kennen ihre Rolle | Klarer Rahmen schützt alle Beteiligten |
Vor- und Nachgespräche mit Fachkräften | Vorbereitung auf Inhalte, Klärung von Fachbegriffen, Raum für Reflexion |
Vertraulichkeit wird thematisiert | Vertrauen bei Klient:innen wird gestärkt |
Wortgetreue, vollständige Übersetzung | Keine Interpretation, keine Auslassung |
Kultursensibilität vorhanden | Verständnis für Kontext, respektvolle Sprache, Fingerspitzengefühl |
💡 Ein gutes Dolmetsch-Gespräch ist nicht nur sprachlich korrekt – sondern ermöglicht echten Zugang, ohne Machtgefälle oder Verfälschung.
Was Einrichtungen tun können – Rahmen schaffen, Qualität sichern 🏢
Maßnahme | Nutzen für alle Beteiligten |
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Professionelle Dolmetscher:innen beauftragen | Höhere Qualität, rechtliche Sicherheit |
Schulung von Laien- oder Community-Dolmetschenden | Stärkung der Sprachmittlung in der Unterkunft |
Dolmetsch-Leitfaden für Mitarbeitende | Klarheit über Ablauf, Rollen und Gesprächsführung |
Raum & Zeit für Vor- und Nachbereitung | Reduziert Fehlkommunikation und emotionale Belastung |
Anerkennung & faire Bezahlung | Motivation, Professionalität, Fachkräftebindung |
💡 Gute Kommunikation beginnt mit guten Rahmenbedingungen – Dolmetschende brauchen Respekt, Schulung und Unterstützung wie alle anderen Fachkräfte.
Grenzen des Dolmetschens – wann andere Hilfen nötig sind 🚧
Nicht alles lässt sich durch Sprache allein lösen. Es gibt Situationen, in denen Dolmetschende an Grenzen stoßen, und andere Professionen oder Settings notwendig werden.
Grenze des Dolmetschens | Was alternativ notwendig ist |
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Traumatisierte Personen mit Flashbacks | Psychologische Begleitung, ggf. durch Fachtherapeut:innen mit Dolmetscher |
Eskalierende Konflikte | Moderation durch Fachkräfte, Einsatz von Mediation |
Rechtlich relevante Aussagen | Rechtliche Beratung, Dolmetschung durch beeidigte Fachkräfte |
Vertrauensverlust in Dolmetschperson | Wechsel der Dolmetschenden, geschützter Rahmen schaffen |
💡 Sprache allein reicht nicht – der Rahmen, das Setting und die Beteiligten entscheiden über Sicherheit und Wirkung.
Dolmetschende sind Brückenbauer – aber keine Alleskönner 🧠🧭
Die Arbeit von Dolmetschenden ist unverzichtbar in der Asylarbeit. Sie schaffen Verständigung, ermöglichen Vertrauen und sichern Teilhabe – oft unter schwierigen Bedingungen. Doch sie brauchen klare Rollen, Schutz vor Überforderung und die Anerkennung ihrer Grenzen. Nur so kann Sprache zu einer echten Brücke werden – zwischen Herkunft und Ankommen, zwischen Hilfesystem und Mensch.
✔ Dolmetschende sind zentral für Kommunikation in der Flüchtlingsarbeit
✔ Ihre Rolle muss klar definiert und professionell unterstützt werden
✔ Einrichtungen brauchen Strukturen für Schulung, Qualitätssicherung und Zusammenarbeit
✔ Gute Kommunikation braucht mehr als Worte – sie braucht Haltung, Respekt und Klarheit