Ohne Status kein Zugang – warum rechtliche Grundlagen über Teilhabe entscheiden 📄
Für geflüchtete Menschen ist ihr Aufenthaltsstatus oft mehr als nur ein juristisches Etikett – er bestimmt, ob sie arbeiten, wohnen, zur Schule gehen oder medizinisch versorgt werden dürfen. In der Sozialarbeit mit Geflüchteten ist das Wissen über diese verschiedenen Aufenthaltsformen nicht nur hilfreich, sondern essenziell. Denn falsche Informationen oder Missverständnisse können gravierende Folgen haben – von abgelehnten Anträgen bis hin zur Abschiebung. Dieser Artikel bietet Fachkräften eine verständliche Übersicht über die gängigen Statusgruppen im Asyl- und Aufenthaltsrecht – mit Fokus auf Rechten, Pflichten und sozialarbeiterischen Handlungsmöglichkeiten.
Was bedeutet Aufenthaltsgestattung? ✅
Aufenthaltsgestattung (§ 55 AsylG) | Wichtig für die Praxis |
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Gilt für: Menschen im laufenden Asylverfahren | Ab Ausstellung bis zur Entscheidung durch das BAMF |
Wohnsitzpflicht | Ja – in der zuständigen Aufnahmeeinrichtung bzw. zugewiesenen Kommune |
Arbeitserlaubnis | In den ersten 3 Monaten verboten, danach ggf. mit Genehmigung der Ausländerbehörde |
Sozialleistungen | Leistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) |
Bewegungsfreiheit | Oft räumlich eingeschränkt (Residenzpflicht), kann später gelockert werden |
Zugang zu Bildung | Schulpflicht für Kinder, oft erschwerter Zugang zu Ausbildung oder Studium |
💡 Tipp: Die Aufenthaltsgestattung ist kein Aufenthaltstitel, sondern nur ein „geduldeter“ rechtmäßiger Aufenthalt während des Verfahrens.
Was ist eine Duldung – und was bedeutet sie für Betroffene? ⛔
Duldung (§ 60a AufenthG) | Rechtlicher Rahmen & Auswirkungen |
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Gilt für: Menschen, deren Ausreise aktuell nicht möglich ist | Kein Aufenthaltsstatus, sondern „vorübergehende Aussetzung der Abschiebung“ |
Dauer | Meist befristet (z. B. 1–6 Monate), regelmäßig zu verlängern |
Grund für Duldung | Abschiebehindernisse (z. B. Krankheit, fehlende Papiere, Ausbildungsduldung) |
Arbeitserlaubnis | Möglich, aber stark eingeschränkt, teils behördlich untersagt |
Leistungen | Nur Grundleistungen nach AsylbLG |
Wohnsitzauflage / Wohnpflicht | Ja, in der zugewiesenen Kommune bzw. Unterkunft |
💡 Wichtig: Geduldete leben mit ständiger Unsicherheit – sie sind jederzeit ausreisepflichtig, dürfen aber (noch) nicht abgeschoben werden.
Anerkannter Schutzstatus – wer bekommt was? 🛡️
Status | Bedeutung / Rechte |
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Asylberechtigung (§ 16a GG) | Selten vergeben, umfassender Schutz, Aufenthaltstitel für 3 Jahre |
Flüchtlingsschutz (§ 3 AsylG) | Anerkennung nach Genfer Flüchtlingskonvention, Aufenthalt für 3 Jahre |
Subsidiärer Schutz (§ 4 AsylG) | Schutz bei ernsthafter Gefahr im Herkunftsland, Aufenthalt für 1 Jahr |
Abschiebungsverbot (§ 60 Abs. 5/7 AufenthG) | Aufenthalt bei Gefahr für Leib/Leben, aber weniger Rechte |
Rechte (je nach Schutzstatus) | Gilt z. B. für |
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Zugang zu Arbeit & Ausbildung | Ab Anerkennung uneingeschränkt möglich |
Familiennachzug | Möglich – teils mit Einschränkungen (z. B. subsidiärer Schutz) |
Leistungen nach SGB II / SGB XII | Anspruch auf Hartz IV oder Sozialhilfe |
Freizügigkeit | Keine Residenzpflicht, Wohnort frei wählbar (mit Ausnahmen) |
Zugang zu Integrationskursen | In der Regel automatisch berechtigt |
💡 Anerkannte Geflüchtete haben deutlich bessere Integrationschancen – aber auch hier gibt es Hürden, z. B. bei der Wohnungssuche oder durch rassistische Diskriminierung.
Vergleich: Aufenthaltsgestattung, Duldung, Schutzstatus 📊
Merkmal | Aufenthalts-gestattung | Duldung | Anerkannter Schutzstatus |
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Aufenthaltstitel? | ❌ Nein | ❌ Nein | ✅ Ja |
Arbeit erlaubt? | ✅ Eingeschränkt | 🔄 Möglich (mit Einschränkung) | ✅ Uneingeschränkt |
Wohnsitzauflage? | ✅ Ja | ✅ Ja | 🔄 Teils (abweichend durch Landesrecht) |
Sozialleistungen | 🟠 AsylbLG | 🟠 AsylbLG | ✅ SGB II / SGB XII |
Familiennachzug | ❌ Nein | ❌ Nein | ✅ Möglich |
Integrationskurse | 🔄 Nur mit Ausnahmegenehmigung | 🔄 Teilweise möglich | ✅ Regulär zugelassen |
💡 Für Sozialarbeit ist dieser Vergleich wichtig, um realistische Perspektiven aufzuzeigen – und sinnvolle nächste Schritte zu unterstützen.
Was Sozialarbeiter:innen tun können – und wo ihre Grenzen liegen 🧰
Fachliche Handlungsmöglichkeiten | Wichtig zu beachten |
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Informieren über Rechte & Pflichten | Keine Rechtsberatung – nur Weiterleitung an spezialisierte Stellen |
Begleitung zu Behörden | Klient:in unterstützen, aber nicht vertreten |
Hilfe beim Ausfüllen von Anträgen | Erklären, aber keine rechtliche Einschätzung abgeben |
Unterstützung bei Wohnraumsuche oder Arbeit | Netzwerke nutzen, realistische Chancen besprechen |
Dokumentation & Aktenpflege | Wichtige Fristen, Duldungsgründe oder Besonderheiten festhalten |
💡 Besonders bei unsicherem Status (z. B. Duldung) ist eine sensible, empowernde Begleitung wichtig – ohne falsche Hoffnungen zu machen.
Tipps für die Praxis – wie Sozialarbeit mit Statusvielfalt gut funktioniert 💬
1. Status regelmäßig erfragen und dokumentieren
– Viele Klient:innen wissen selbst nicht, welchen Status sie gerade haben
2. Unterstützungsbedarf an Status anpassen
– Z. B. Wohnraumsuche nur realistisch bei anerkanntem Schutz oder Ausbildungsduldung
3. Fristen im Blick behalten
– Ablauf von Duldungen, Wechsel in neue Rechtslagen (z. B. Chancen-Aufenthalt)
4. Vernetzung mit Rechtsberatung
– Kooperation mit Migrationsberatung, Anwält:innen, Flüchtlingsräten
5. Perspektivenarbeit nicht vernachlässigen
– Trotz Unsicherheit motivieren, stärken, Zukunft gestalten – realistisch, aber hoffnungsvoll
💡 Status ist nicht alles – aber er entscheidet oft über fast alles. Deshalb braucht Sozialarbeit hier Wissen, Klarheit und Haltung.
Rechtlicher Status als Wegweiser – Sozialarbeit als Kompass 🧭📘
Die Vielfalt an Aufenthaltstiteln, Gestattungen und Duldungen macht die Arbeit mit Geflüchteten komplex. Doch gerade in dieser Komplexität liegt die Chance für professionelle, unterstützende Sozialarbeit: Wer Rechte kennt, kann realistisch helfen, sicher begleiten und gezielt vernetzen. Fachkräfte müssen keine Jurist:innen sein – aber sie sollten einschätzen können, was möglich ist, was nicht – und wann eine andere Stelle weiterhelfen muss. So wird die Sozialarbeit zum Kompass im Dickicht des Aufenthaltsrechts – immer auf Augenhöhe, immer am Menschen orientiert.
✔ Aufenthaltsgestattung, Duldung und Schutzstatus unterscheiden sich deutlich – mit weitreichenden Folgen
✔ Rechte, Pflichten und Zugang zu Leistungen hängen stark vom Status ab
✔ Fachkräfte brauchen Überblick, Struktur und gute Vernetzung
✔ Empowerment beginnt mit Orientierung – auch im Aufenthaltsrecht