Psychische Erste Hilfe für Geflüchtete nach einem Abschiebebescheid 🧠✈️

Zwischen Schock, Angst und Ohnmacht 🕳️💔

Ein Brief. Ein Satz. Ein Leben kippt.
Für viele geflüchtete Menschen ist der Erhalt eines Abschiebebescheids ein tiefgreifender Einschnitt – emotional, psychisch, sozial. Die Nachricht, dass sie ihr aktuelles Lebensumfeld verlassen sollen, löst oft eine existenzielle Krise aus: Angst vor Rückkehr in unsichere oder lebensgefährliche Herkunftsländer, Verlust sozialer Netzwerke, Gefühle von Versagen oder Entwertung. Besonders schwer trifft es jene, die traumatische Vorerfahrungen haben – für sie kann ein solcher Bescheid retraumatisierend wirken.

👉 In diesem Artikel erfährst du, wie du als Fachkraft oder Unterstützer:in psychische Erste Hilfe leisten kannst, welche Reaktionen häufig auftreten, und welche konkreten Handlungen Stabilität und Hoffnung geben können – auch dann, wenn rechtlich keine Lösungen mehr möglich scheinen.

Warum der Abschiebebescheid so tief trifft 📬🧨

Für viele geflüchtete Menschen ist der Aufenthaltsstatus zentral für Sicherheit, Identität und Zukunft. Ein Abschiebebescheid bedeutet nicht nur rechtliche Ablehnung – er wird oft erlebt als:

  • ❌ Entwertung der eigenen Geschichte

  • ⚠️ Lebensbedrohung bei Rückkehr

  • 🏚️ Verlust aller sozialen Strukturen

  • 🚫 Beendigung von Ausbildung, Arbeit, Therapie

  • 🧭 Zerstörung jeglicher Zukunftsperspektive

Besonders gefährdet sind:

GruppeWarum?
Traumatisierte Personen 🧠Reaktivierung alter Ohnmachtserfahrungen
Minderjährige 👧👦Verständnis fehlt, Zukunftsangst besonders stark
Alleinerziehende 👩‍👧Sorge um Kinder, Isolation
LGBTQ+ Personen 🌈Gefahr im Herkunftsland oft besonders hoch
Kranke & psychisch belastete Menschen 🛌Versorgungsabbruch, Angst vor Gewalt, fehlende Medikamente

💡 Die Nachricht wirkt oft wie ein Schlag – sie braucht einen schützenden Raum, nicht sofortige Reaktion.

Psychische Reaktionen verstehen – erste Anzeichen erkennen 🧩🧠

Die Reaktion auf einen Abschiebebescheid ähnelt oft einer akuten Belastungsreaktion oder sogar einem psychischen Schock.

Häufige Reaktionen:

SymptomBedeutung
😶 Sprachlosigkeit, StarreSchock, Überforderung
😭 Weinkrämpfe, PanikattackenVerlustkontrolle, Angst
🚷 Rückzug, IsolationSelbstschutz, Überforderung
🧍 Zielloses UmhergehenDissoziation, Orientierungslosigkeit
❗ Aggression, LautwerdenAusdruck von Hilflosigkeit
😴 Lethargie, SchlafstörungÜberforderung der Psyche
💭 Suizidale GedankenHoffnungslosigkeit, Verzweiflung

💡 Nicht jede auffällige Reaktion ist krankhaft – aber alle sind ernst zu nehmen.

Psychische Erste Hilfe leisten: Was jetzt zählt 🚨

Du musst kein:e Therapeut:in sein, um Halt zu geben. Psychische Erste Hilfe bedeutet, Sicherheit, Orientierung und Beziehung zu bieten – in einer Situation, die alles erschüttert.

🧰 Schritt-für-Schritt-Leitfaden:

1. Anwesend sein & Ruhe ausstrahlen

➤ „Ich bin jetzt da. Wir gehen Schritt für Schritt.“

2. Schutzraum schaffen

➤ Raus aus Fluren, in ruhigen Raum gehen, ggf. Begleitperson hinzuziehen.

3. Nicht drängen, einfach präsent sein

➤ Stille aushalten, Wasser anbieten, nicht „trösten“ im klassischen Sinn.

4. Emotionen erlauben

➤ „Es ist okay, traurig / wütend / verzweifelt zu sein.“

5. Informationen dosieren & wiederholen

➤ In einfacher Sprache, langsam, ggf. mit visuellen Hilfsmitteln.

6. Verbindlichkeit anbieten

➤ „Ich bleibe heute bei dir. Wir sprechen morgen mit XY.“

7. Sicherheit vermitteln – auch bei Unsicherheit

➤ Nicht über juristische Fragen spekulieren. Fokus auf Jetzt.

Was du unbedingt vermeiden solltest 🚫❗

Auch gut gemeinte Reaktionen können kontraproduktiv sein.

VerhaltenWarum problematisch
❌ „Das wird schon wieder“Bagatellisierung der Lage
❌ „Dafür bin ich nicht zuständig“Gefühl von Verlassenheit
❌ Fachsprache oder BehördenfloskelnErhöht Ohnmacht
❌ Allein lassenVerstärkt Isolation
❌ Zu viele Informationen auf einmalÜberforderung
❌ Eigene Emotionen in den Vordergrund stellenKein Raum für Betroffenen-Gefühle

💡 Weniger reden, mehr halten. Du bist die sichere Insel im Sturm.

Was danach? Langfristige Stabilisierung & Netzwerk 🌱📞

Ein Gespräch reicht selten aus. Gerade bei existenziellen Themen braucht es verlässliche Begleitung, Vernetzung und ggf. therapeutische oder juristische Unterstützung.

📌 Wichtige nächste Schritte:

  • 🗂️ Sozialberatung / Verfahrensberatung einschalten

  • 🧠 Psychosoziale Beratungsstellen kontaktieren

  • 🛏️ Unterkunftspersonal informieren (für Rückzugsmöglichkeiten)

  • 🧑‍⚕️ Bei starker Belastung: Anbindung an Krisendienst oder ärztliche Hilfe

  • 🧍‍♀️ Peer-Support (z. B. andere Betroffene oder Community-Ansprechpersonen)

  • ✍️ Suizidgefährdung ernst nehmen → Einschätzung & Handlung nach Notfallplan

Interne Strukturen & Prävention im Team 🧩🤝

Was Organisationen tun können:

MaßnahmeWirkung
📘 Schulung zu Psychischer Erster HilfeHandlungssicherheit für alle
🧾 Notfallkarte / HandlungsplanKlarheit im Akutfall
🧑‍⚕️ Kooperation mit psychosozialen ZentrenProfessionelle Anbindung
🧍 Vertrauenspersonen etablierenStabile Beziehungspunkte schaffen
📅 Nachsorgegespräche strukturierenVerlässlichkeit im Ausnahmezustand
🧘 Supervision / Teamhilfe anbietenEntlastung für Helfende

💡 Auch das Team braucht Schutz – Helfende dürfen sich selbst nicht verlieren.

Halt geben, wenn der Boden wegbricht 🕳️

Ein Abschiebebescheid ist nicht nur ein Dokument – er ist für viele der Bruch mit einem neuen Leben, das sie sich mühsam aufgebaut haben. Psychische Erste Hilfe ist in solchen Momenten kein „Extra“ – sie ist essenziell. Sie schützt, stabilisiert und zeigt: Du bist nicht allein.

Wenn Menschen alles verlieren, brauchen sie wenigstens eines: Mitmenschlichkeit. Und die beginnt mit einem Stuhl, einem Glas Wasser – und jemandem, der bleibt.

✅ Auf den Punkt gebracht:

✔️ Abschiebebescheide können psychisch extrem belastend sein
✔️ Viele Geflüchtete reagieren mit Schock, Angst, Rückzug oder Verzweiflung
✔️ Psychische Erste Hilfe basiert auf Beziehung, Sicherheit und Präsenz
✔️ Fachkräfte können Halt geben – auch ohne Lösung
✔️ Langfristige Begleitung & Netzwerke sind unverzichtbar für Stabilisierung

Matthias Böhm
Matthias Böhm
Matthias engagiert sich in der sozialen Integration, unterstützt Menschen in schwierigen Situationen und fördert das Verständnis zwischen verschiedenen sozialen Gruppen. Sein Ansatz ist einfühlsam und zielgerichtet, wobei er besonders darauf achtet, Menschen zu motivieren und ihre Stärken zu fördern.

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